Teil 1: YEAH YEAH YEAH..........
Laute Musik und lange Haare. Ausverkaufte Hallen überall
auf der Welt. Massenhysterie. Kreischende Mädchen und Ohnmachtanfälle.
Verzückte Teenies lieben sie. Massenandrang wo immer sie auftauchen.
It´s Beatlemania.
Klingt fast wie die Erfolgstory einer modernen Boygroup, und
doch war es viel mehr: Eine Sternstunde in der Musikgeschichte unseres
Jahrhunderts. Sie trafen den Zeitgeist der 60ger mitten ins Herz und
die Welt lag ihnen zu Füßen.Sie beeinflußten eine ganze
Generation und die Welt war nach den Beatles anders als zuvor. Der Weg
bis zum Gipfel war freilich hart, und es hätte wohl kaum jemand
vermutet, daß es die vier Jungs aus bescheidenen Liverpooler Verhältnissen
bis ganz nach oben schaffen würden. John Lennon, oft als Kopf der
Beatles bezeichnet, kommt am 9.Oktober 1940 in Liverpool zur Welt, als
gerade deutsche Bomben auf die Stadt fallen. Seine Eltern lassen sich
1943 scheiden und er wächst fortan bei seiner Tante Mimi auf. Mit
15 beginnt er sich für Musik zu interessieren, Rock´n Roll,
Bill Haley und Elvis Presley. Seine Mutter schenkt ihm die erste Gitarre.
Bald gründet er seine erste Band, die “Quarrymen”,
alles hinter dem Rücken von Tante Mimi, die damit nie einverstanden
wäre. Johns schulische Leistungen verschlechtern sich so sehr,
daß er 1957 auf Anraten des Direktors die Quarry Bank High School
verläßt und eine Kunstschule besucht. Aber in Wirklichkeit
ist für ihn die Musik am wichtigsten.Das verbindet ihn mit Paul
Mc Cartney, den er 1956 auf einem Kirchenfest in Liverpool kennenlernt.
Auch Paul interessiert sich nur noch für Rock´n Roll, an
eine bürgerliche Karriere ist nicht mehr zu denken, obwohl er eigentlich
ein guter Schüler ist. Paul steigt bei den Querrymen ein. Damit
sind die Fundamente für die Geschichte der Beatles gelegt. Das
Team Lennon/ Mc Cartney schreibt später die allermeisten der Songs.
1958 kommt auf Pauls Wunsch George Harrison dazu, gegen den Widerstand
John Lennons, der aus seiner Band keinen Kindergarten machen will. George
ist damals schließlich erst 14. Aus den Quarrymen werden “Jonny
and the moondogs” und 1960 die “Silver Beatles”. Sie
haben bescheidene Auftritte in Liverpooler Clubs, doch wahrscheinlich
hätte damals kein Hahn nach den vier Jungs gekräht, wenn sie
in England geblieben wären. Durch Vermittlung von Allan Williams,
in dessen Liverpooler Club Jacaranda sie auftreten, kommen sie 1960
zu einem Vertrag mit Bruno Koschmidder, Besitzer des Kaiserkellers auf
der Hamburger Reeperbahn. Also reisen die Beatles, bestehend aus John
Lennon, Paul McCartney, George Harrison, Stuart Sutcliff, den John von
der Kunstschule her kennt, und Pete Best als Schlagzeuger nach Deutschland.
Untergebracht unter miesen Verhältnissen über einem Kino,
spielen sie erst im Indra, einem ehemaligen Stripteaselokal, dann im
Kaiserkeller. Ihr Repertoire ist bunt zusammenge würfelt: Skifflestücke,
Folksongs, Lieder aus der englischen oder amerikanischen Hitparade.
In diesen Tagen entsteht auch der Musikstil der Beatles. Sie wechsel
sich mit Singen ab oder singen gleichzeitig, stampfen den Rhythmus mit
den Füßen. Auch die legendäre Frisur entsteht während
der Zeit auf der Reeperbahn. Im Kaiserkeller lernen sie Astrid Kirchherr
kennen, die zunächst Stu Sutcliff den Pilzkopf verpaßt, weil
ihr die Elvis-Tolle, die er trägt, nicht gefällt. Der erste
Hamburgaufenthalt endet, weil George Harrison ausgewiesen wird: er ist
damals noch keine 18. Zurück in Liverpool können sie ersten
bescheidenen Ruhm ernten. Sie spielen in der Litherland Town Hall, und
in ihrer Heimatstadt bricht das Beatlesfieber aus. Doch sie kehren nach
Hamburg zurück, treten diesmal im Top Ten auf. Im Frühsommer
1961 wird in Deutschland “My Bonnie” veröffentlicht.
Auf dieser Platte spielen die Beatles als Begleitband für Toni
Sheridan. Einer will sich am Ruhm der frühen Tage nicht beteiligen:
Stu Sutcliff bleibt in Deutschland. Er hat sich in Astrid Kirchherr
verliebt, außerdem kann er, seit jeher lieber Maler als Musiker,
in Hamburg Kunst studieren. Den Bass, den Stu gespielt hatte, übernimmt
fortan Paul, der das Instrument nicht etwa falsch herum hält, sondern
ganz einfach Linkshänder ist. Ende des Jahres 1961 spielen die
Beatles im Cavern Club in Liverpool. Dort sieht sie der Plattenhändler
Brian Epstein, der sie fortan managt. 1962 spielen sie erneut in Hamburg,
diesmal zu besseren Bedingungen im gerade eröffneten Star-Club.
500 DM bekommt jeder, eine Traumgage für die damaligen Zeiten.
Einzig getrübt ist der beginnende Erfolg durch die Nachricht, daß
Stu Sutcliff an einem Gehirntumor gestorben war. Die Beatles stehen
nächtelang auf der Bühne im Star-Club, schlucken Aufputschmittel
um durchzuhalten. Die Strapaze macht sich bezahlt: sie erhalten einen
Plattenvertrag bei George Martin, einem Produzenten der Londoner Plattenfirma
EMI. Bedingung ist, daß Pete Best, der Schlagzeuger, durch einen
besseren Mann ersetzt wird. Die Beatles engagieren Ringo Starr und veröffentlichen
im Herbst 1962 mit “Love me do” ihre erste Single, die gleich
in der englischen Hitparade auftaucht. Ihren Erfolg verdanken sie einzig
der Begeisterung ihrer Fans, nicht dem Einfluß großer Plattenfirmen.
Und sie sind erfolgreich. Einen Höhenflug wie den der Beatles hatte
die Welt noch nicht gesehen. Ihre zweite Single “Please Please
me” landet auf Platz 2 der Hitparade. Mit “She loves you”,
das über eine Million mal in England verkauft wird, erhalten die
Beatles ihre erste Goldene Schallplatte. In England bricht entgültig
das Beatlesfieber aus. 15 Millionen sehen die Beatles in der Fernsehshow
“Sunday Night at the Palladium Theatre”. Tausende Fans warten
vor der Halle, es kommt zum Verkehrschaos. Sie sind ungezwungen und
frech, so wie ihre Musik. John Lennon anläßlich der jährlichen
Royal Variety Performance vor Mitgliedern des englischen Königshauses:
”Beim nächsten Lied möchte ich, daß alle mitmachen.
Die auf den billigen Plätzen können mit ihren Händen
klatschen. Die anderen können mit ihren Juwelen rasseln.”
Man sieht es ihnen nach, schließlich sind sie Großbritanniens
erfolgreichster Exportartikel. 1964 drehen sie mit “A hard Day´s
Night” ihren ersten Film, ein Low-Budget-Streifen, der fast dokumentarisch
einen Tourneetag der Beatles zeigt und schon nach kurzer Zeit alle Erwartungen
übertrifft. Überall auf der Welt das gleiche Bild, wo immer
die “Fab Four” auftreten: jubelnde Massen, begeisterte Fans,
Chaos. Die Polizei hat alle Hände voll zu tun. Britische Abgeordnete
halten es für unzumutbar, daß tausende von Polizisten während
Beatlestourneen Überstunden machen müssen und durch die Fans
und den Lärm gefärdet würden. Mit “I want to hold
your hand” landen die Beatles ihren ersten Nummer 1 Hit in Deutschland.
Und überall werden Rekorde gebrochen, nie dagewesene Verkaufszahlen
erreicht. In England veröffentlichen die Beatles 25 Singles, bis
auf eine kommen alle unter die ersten 30 der Hitparade, 17 schaffen
Platz eins. Die LP “Please Please me “ steht 29 Wochen auf
Platz eins. In Amerika belegen die Beatles im April 1964 gleich die
ersten fünf Plätze der Billboardcharts.Alleine in Amerika
werden ihnen 43 Goldene Schallplatten verliehen. Genaue Verkaufszahlen
liegen nicht vor, doch Schätzungen belaufen sich auf 250 Millionen
Singles und 100 Millionen LP`s. Sie bekommen sogar von Königin
Elisabeth II den Orden Member of the British Empire überreicht.
John schickt seinen später zurück, aus Protest darüber,
daß sich Großbritannien nicht entschiedener gegen den Vietnamkrieg
einsetzt. Von den Beatles stammt auch der Song, der am häufigsten
von anderen Musikern interpretiert wurde: Yesterday gibt es in ungefähr
1200 Versionen. Paul McCartney kommt 1979 sogar ins Guinness Buch der
Rekorde: als erfolgreichster Komponist aller Zeiten.
Ute Izykowski
Die Glocke 8/97

Teil 2: LET IT BE.......
Höhenflüge und schließlich
das Ende.Die Beatles und ihre Fans werden erwachsen. Dem Ruhm der Fab
Four tut es keinen Abbruch. Bis heute nicht.
Die Beatles treffen den Geschmack der Jugend von damals, die
nicht mehr nur das tun wollte, was die Erwachsenen sagen. Die kein Leben
in vorprogrammierten Bahnen führen wollen: Schule, Beruf, Heirat,
Kinder und dann nichts mehr. Die Beatles machen Musik, die jeder versteht,
sie drücken aus, was die Jugend fühlt. Und sie kommen zu einer
Zeit, in der das befreiende Rock´n Roll Feeling schon wieder vorbei
ist. Elvis singt “Muß i denn zum Städtele hinaus”,
doch die Jugend will mehr: Leidenschaft statt Sicherheit, Befreiung
statt Disziplin. Die Beatles singen von Liebe, ohne schnulzig zu sein.
”Negermusik” für die Eltern. Die Jugend läßt
sich mitreißen, mit den Beatles kann man sich identifizieren.
Sie sind nicht angepaßt, mucken auf. Ihre Musik ist lebendig und
unbefangen. Sie tragen lange Haare. Tatsächlich, - damals gilt
die Frisur der Beatles als ungehörig.Und wer Jeans trägt,
wird als Halbstarker abgestempelt. Undenkbar heute, und die Beatles
tragen ihren Teil zur Befreiung der Jugend bei. Doch der Erfolg hat
auch seine Kehrseite: Die Beatleshysterie wird unerträglich. Auf
der Bühne übertönen die kreischenden und singenden Fans
sogar die Musik. Damals waren die Verstärker eben noch nicht so
stark wie heute. Schließlich wollen die Beatles nicht mehr auftreten.
Am 29.August 1966 geben sie in San Francisco ihr letztes Konzert. Kardinal
Cushing, Erzbischof von Boston, erklärt damals, daß die Beatles
in der gesamten Welt bekannter seien als Jesus.
Der Herbst 1966 bedeutet einen Umbruch in der Laufbahn der Beatles.
Nach den anstrengenden Tourneejahren geht erst einmal jeder seine eigenen
Wege. Erste Trennungsgerüchte verbreiten sich. In dieser Zeit lernt
John auch Yoko Ono in London kennen. Im Dezember 1966 nehmen die Beatles
die Single “Strawberry Fields “ auf. Sie wollen nicht mehr
auftreten, nicht einmal im Fernsehen. Also drehen sie einen kurzen Film,
surrealistisch und originell, ein früher Videoclip, ohne den heute
kein Musiker mehr auskommt. Mit der LP “Sergeant Peppers Hearts
Club Band” schaffen die Beatles 1967 ihr musikalisches Meisterwerk,
zumindestens behaupten das Kritiker und Fans hinterher. Deutlich wird
zumindest, daß es jetzt darum geht, die Musik im Studio auszufeilen,
ganz im Gegensatz zur Spontaneität der Tourneezeit. Mit Sergeant
Peppers entsteht ein Konzeptalbum mit zusammenhängender Geschichte,
bei dem schon die Covergestaltung Aufsehen erregt. Die Themen liefern
einen Spiegel der Zeit: Drogen, Generationskonflikte, Psychedelisches.
In diese Zeit fällt auch das Interesse, daß die Beatles zumindest
kurzfristig für indische Religion hatten. George Harrison bringt
seine Freunde auf diesen Gedanken. Sie fahren sogar mit ihren Frauen
oder Freundinnen nach Indien, um bei Guru Maharishi zu meditieren, kommen
aber schon bald enttäuscht zurück. Ringo meint damals, ihm
habe das Essen nicht geschmeckt. Doch noch mehr hat sich verändert:
die Beatles haben eine Generation geprägt, eine Generation, die
nun ihre Rechte einfordert: Studenten diskutieren und gehen auf die
Straße. Auch an den Beatles geht die Hippiezeit nicht spurlos
vorrüber: sie lassen Haare und Bärte wachsen, und besonders
John Lennon engagiert sich mit Yoko Ono für den Frieden. Und noch
ein Schicksalsschlag trift die Beatles: ihr Manager Brian Epstein begeht
Selbstmord. Weil seine Schützlinge ihn immer weniger gebraucht
hatten heißt es. Er habe sich überflüssig gefühlt.
Tatsächlich sind die Zeiten der Gemeinsamkeit vorüber. Jeder
bastelt an eigenen Projekten, der Film “Magical Mystery Tours”
ist letztlich Pauls Arbeit. Die LP “Abbey Road” ist die
letzte Platte, an der wirklich noch einmal alle an einem Strang ziehen.
Ihren letzten gemeinsamen Auftritt haben sie dann am 30.1.1969. Auf
dem Dach ihres Londoner Bürohauses spielen sie einige Songs für
den Film “Let it be”. Nachbarn beschweren sich über
den Lärm und die Polizei beendet das Konzert. Am 10. April 1970
schließlich platzt die Bombe: in einem Interview erklärt
Paul McCartney, daß er die Beatles verlassen habe. Trennungsgerüchte
gab es immer gegeben und tatsächlich haben auch die anderen innerlich
bereits mit den Beatles abgeschlossen. Die Differenzen sind inzwischen
zu groß und angeblich soll auch mitgespielt haben, daß Yoko
Ono bei Johns Bandkollegen nicht besonders beliebt gewesen ist. Das
Kapitel Beatles ist endgültig abgeschlossen und jeder geht seiner
Wege. Paul McCartney hat mit seiner Gruppe Wings weiterhin riesigen
Erfolg, seine Solokarriere ist bis heute ungebrochen.John Lennon geht
nach Amerika, macht weiter Musik mit Yoko Ono und der Plastic Ono Band
Sie organisieren Happenings und Aktionen gegen Gewalt und für den
Frieden. Am wichtigsten aber ist ihm sein Privatleben mit Yoko Ono und
Sohn Sean, der am 9. 10.1975 geboren wird. Auch George und Ringo bleiben
im Musikgeschäft, drehen oder produzieren Filme. Die Hoffnung auf
ein Comeback der Fab Four wird mit einem Schlag zunichte gemacht: Am
8.12 1980 fällt John Lennon gegen 23 Uhr vor dem Dakota-Haus in
New York einem Attentat zum Opfer. Der Krankenpfleger Mark Chapman feuert
mehrere Schüsse auf ihn ab, schon die erste Kugel ist tödlich.Die
Hintergründe der Tat werden wahrscheinlich nie ganz geklärt
werden. Noch in der gleichen Nacht versammeln sich Tausende am Tatort,
halten Totenwache und singen “Imagine”, John Lennons Vision
einer friedlichen Welt.
Die Fans hören dennoch nie auf, an die Wiedergeburt der Beatles
zu glauben: soll doch einfach Johns Sohn Julian aus erster Ehe an dessen
Stelle einspringen. Die drei Altbeatles halten wenig von diesen Ideen.
Und doch, sie können es nicht lassen: Vor gar nicht allzu langer
Zeit haben sie drei Doppel-CDs mit rund 120 Songs herausgebracht: “The
Beatles Anthologie”, inclusice einer bisher unbekannten John Lennon
Single “Free as a bird”. In den 60ger Jahren waren die Beatles
ein Phänomen. Ihr Ruhm ist ungebrochen, - bis heute.
Ute Izykowski
Die Glocke,9/97
|